Menschen und Dunkelheit (Einleitung)

Jeder Mensch kennt das Gefühl zwischen Beklemmung und Angst, wenn man im Dunklen plötzlich nichts mehr sieht. In unfreiwilliger Dunkelheit fühlen sich Sehende oft unbehaglich, unwohl, angespannt, nervös, mulmig, orientierungslos, unsicher, wehrlos, hilflos, abhängig, ausgeliefert, gefangen, eingesperrt, isoliert, alleine, machtlos, passiv, ohnmächtig, eingeschüchtert, nicht gut.

Meine Blindheit macht mich nicht traurig, Sehende manchmal schon.

Während der Entstehung von Dubistblind.de fiel mir neben dieser Doppeldeutigkeit auf, dass viele typische Probleme blinder Menschen sozialer Art sind und auch mit der evolutionär entstandenen und einst sinnvollen Angst vor Dunkelheit zusammenhängen. Beeinflußen unbewusste Angsterinnerungen, wie sehende Menschen sich das Leben und die Lebensqualität blinder Menschen vorstellen?

  • Was ist Dunkelangst? Welche anderen Urängste bzw. Grundängste gibt es und warum?
  • Welche Ängste haben Tier und Mensch gemeinsam? Welche Ängste kennt schon jedes Kind?
  • Welche realen Gefahren gibt es im Dunkeln? Wie gehen sehende Menschen mit ihrer Dunkelangst um? Welche Bewältigungsstrategien haben sie?
  • Was unterscheidet Blindheit von anderen Behinderungen? Was ist das Besondere an Blindheit? Welche Befürchtungen haben Sehende beim Kontakt mit Blinden?
  • Was haben Übertragung, Projektion, Antizipation, Bias, Spiegelneuronen, negative Empathie, Stereotypen und Stigmatisierung damit zu tun?
  • Gibt es einen Zusammenhang zwischen der allen Menschen bekannten Angst im Dunkeln und speziellem Verhalten gegenüber blinden Menschen?

Mit diesen und ähnlichen Fragen möchte ich mich hier auf dubistblind.de/blog künftig intensiver beschäftigen. Erste Erläuterungen meiner Thesen finden sich auch in diesen englischsprachigen Tweets. Ich suche Forschungsergebnisse, Literaturtips und Kontakt zu interessierten Wissenschaftler*innen.

In einer repräsentativen Umfrage von 2016 gaben 80% sehender Menschen an, Mitleid mit Blinden zu haben. 74% glaubten nicht, dass sie noch glücklich sein könnten, wenn sie blind wären. 53% fühlen sich in der Nähe blinder Menschen unbehaglich. 46% konnten sich kein schlimmeres Schicksal vorstellen, als blind zu sein.

  • Ich mag die 54%, die sich Schlimmeres als Blindheit vorstellen können.
  • Ich habe kein Problem damit, nichts zu sehen. Aber damit, wie ich gesehen werde. #blindpride
  • Unwissenheit, Unsicherheit, fehlende Erfahrung und Mitgefühl mit blinden Menschen sind unvermeidbar und ganz normal.
  • Offen gezeigtes Mitleid, übergriffige Fürsorge, Bevormundung und Berührungsängste müssen aber nicht sein.

Für mich ist es ein Trost, dass viele andere überall auf der Welt täglich das Gleiche erleben und dass das gefühlsgesteuerte Verhalten meiner sehenden Mitmenschen ganz normal ist. Man kann es leider kaum ändern, aber wenigstens verstehen. Dann nervt es weniger und kann einen nicht mehr so leicht verletzen.

Warum kommen Blinde nicht in die Hölle?

Weil der Teufel Angst hat, dass sie ihm auf den Schwanz treten.😎

Oder mit anderen Worten: Sogar der Teufel hat Vorurteile und Berührungsängste. Ob er wohl auch Angst im Dunkeln hat?😨

Texte in Arbeit und Materialsammlung

  • Dieser deutschsprachige Thread bei Twitter
  • Auswertung einer kontinuierlichen Twitter-Suche mit den Begriffen „Dunkelheit“ und „im Dunkeln“ (+Auslese ausgewählter Tweets)
  • Dunkelheit als Strafe (früher & heute, Dunkelhaft, Blendung, religionsbasierte Erklärungen)
  • Selbsterfahrung im Dunkeln (Vertrauens- und Teamübungen, Dunkelausstellungen, Dunkelevents, Dunkelrestaurants)
  • Ohne Licht nachts allein im Wald, eine besondere Herausforderung
  • Links in die Dunkelheit (Sammlung relevanter Websites, Literatur, Quellen, etc.)

Diese Seiten sind schon fertig

3 Kommentare zu „Menschen und Dunkelheit (Einleitung)“

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